Tagung der Rechtspolitischen Sprecher in Karlsruhe

In der vergangenen Woche haben sich die Rechtspolitischen Sprecher von CDU und CSU im Bund und in den Ländern in Karlsruhe getroffen. Mein Kollege Dr. Bernhard Lasotta hatte eingeladen und Kollegen aus 10 Ländern waren zu dieser ersten Tagung gekommen. Neben internen Beratungen hatten wir u.a. den Generalbundesanwalt Dr. Peter Frank zu Gast und haben den #BGH besucht und dort mit seiner Präsidentin Bettina Limperg gesprochen. Dort entstand auch das Bild. Beraten und beschlossen haben wir auch unsere Karlsruher Erklärung.

Hier deren Text:

Konferenz der rechtspolitischen Sprecher von CDU/CSU in Bund und Ländern

Karlsruher Erklärung vom 31. März 2017

Verstärkte religiöse Pluralität in unserer Gesellschaft – Chance und Herausforderung zugleich

Nicht erst seit der Aufnahme von über zwei Millionen Flüchtlingen seit 2014 leben viele Menschen unterschiedlicher Religionen und Kulturen in unserem Land. Die Bundesrepublik ist dabei ein Land der gesellschaftlichen Vielfalt und Toleranz im Herzen Europas. Integration führt zu gleichberechtigter Teilhabe, zu wechselseitigem Verständnis und zugleich zur Identifikation mit unserem Land, auch wenn der Geflüchtete nur eine Zeitlang in Deutschland lebt.

Offene Gesellschaften erfordern Toleranz auf der einen sowie Anpassungsfähigkeit auf der anderen Seite. Wir akzeptieren Herkunft, Kultur und Weltanschauung von allen Menschen in unserem Land. Es ist Ausdruck unseres christlichen Menschenbildes, im Anderen zuerst den Nächsten und nicht eine Bedrohung zu erblicken. Wir helfen denjenigen, die Schutz vor Unfreiheit und Krieg suchen.

Jedoch sind dieser Akzeptanz vor dem Hintergrund eines friedlichen Zusammenlebens klare Grenzen gesetzt. Wir erwarten von allen Menschen in Deutschland, ganz gleich, ob hier geboren oder erst zu uns gekommen, ob mit dauerhaftem Bleiberecht oder nur vorübergehend in Deutschland, die Einhaltung unserer Gesetze sowie den Respekt gegenüber unserer Kultur und unserem Rechtsstaat. Dies ist das Fundament unserer Gesellschaft, auf Grund dessen wir in Frieden und Freiheit miteinander leben.

1. Rechtsstaatsunterricht – Fördern und Fordern

Flüchtlinge brauchen eine ausgestreckte Hand. Flüchtlinge brauchen aber auch eine Hand, die ihnen den Weg weist, wie unser Zusammenleben funktioniert. Vielfach sind sie in Gesellschaften und Kulturen aufgewachsen, die sich von unseren und unserer europäischen Identität grundlegend unterscheiden. Um sich in ihrem neuen Umfeld zurecht zu finden, benötigen sie Unterstützung. Das betrifft nicht nur die Aufklärung über Mitwirkungspflichten im Asylverfahren, Bedeutung und Vermittlung unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung sondern auch die hiesigen Gepflogenheiten und typischen Umgangsformen.

Die Lehren aus der Zeit zweier Diktaturen auf deutschem Boden, in denen eine rechtsstaatliche Justiz fehlte, verpflichten uns im Besonderen zu solcher Aufklärung und machen es notwendig, die darauf gerichtete unabhängige Aufarbeitungs-, Aufklärungs- und Informationsarbeit der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR weiterhin und langfristig zu unterstützen und zu unterhalten.

Ein zentraler Baustein der zeitweiligen oder dauerhaften Integration von Geflüchteten ist die Vermittlung, das Kennenlernen und die Akzeptanz grundlegender Wert- und Funktionsvorstellungen unserer Gesellschaft: Rechtsstaat und Demokratie (Grundrechte einschließlich der Glaubens-, Meinungs- und Medienfreiheit; staatliche Neutralität; Gleichberechtigung von Mann und Frau; faires Verfahren; Gewaltmonopol des Staates; allgemeine Schulpflicht und staatliche Aufsicht über das Schulwesen) sowie die Grundlagen des deutschen Zivil- und Strafrechts. Von Geflüchteten dürfen wir die Anerkennung und Befolgung dieser bei uns allgemein geltenden „Spielregeln“ verlangen. Im Gegenzug müssen wir uns aber auch um deren Vermittlung kümmern. Ein maßgebend durch Justizbedienstete (vor allem Richter und Staatsanwälte) aber auch durch Rechtsanwälte getragener Rechtsstaatsunterricht für Geflüchtete kann hier einen wichtigen Beitrag leisten.

2. Religiösen Extremismus aktiv vorbeugen und bekämpfen!

Abschottungstendenzen führen allzu oft zu Radikalisierung und Extremismus und einer Abkehr von unserem Rechts- und Wertesystem. Freiheit, Demokratie, Menschenrechte, Rechtstaatlichkeit und Gleichberechtigung von Mann und Frau sind die unabdingbare Grundlage für Pluralismus und die offene und herzliche Aufnahme in unsere Gesellschaft.

Daher legen wir darauf Wert, dass sich die aufgeklärten Kräfte im Islam eine starke Stimme in unserer Gesellschaft verschaffen. Diese wollen wir als Ansprechpartner gewinnen und damit auch die vielen säkularen, aufgeklärten und gut integrierten Muslime motivieren, sich stärker zu gesellschaftlichen und insbesondere denen sie betreffenden Themen einzubringen.

Religiösen und politischen Extremismus sehen wir hingegen als Gefahr für unsere Gesellschaft. Wir wollen insbesondere junge Menschen davon abhalten, sich zu radikalisieren und damit von unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung abzuwenden. Wir werden dazu die bestehenden Präventions- und Aussteigerprogramme kontinuierlich weiterentwickeln und insbesondere das Fachwissen der Bundes- und Landeszentralen für politische Bildung, der Schulen, der Sozialarbeit und der Moscheevereine, anderer gesellschaftlicher Akteure wie der sozialen Medien aber auch der Polizei und des Verfassungsschutzes einbeziehen. Gleichzeitig werden wir extremistischen Organisationen konsequent mit allen Mitteln des Rechtsstaats entgegentreten und ihre Finanzierung auch aus dem Ausland überprüfen.

In unseren Haftanstalten sind vorbeugende Maßnahmen zur Erkennung, Unterbringung und Betreuung von Häftlingen mit islamistischen Radikalisierungstendenzen notwendig. Wir sprechen uns für Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung extremistischen Gedankenguts unter den Mithäftlingen, etwa durch in Deutschland ausgebildete und überprüfte, besonders qualifizierte Seelsorger, aus.

Darüber hinaus wollen wir die Strafbarkeit der Sympathiewerbung für Terrororganisationen und kriminelle Vereinigungen wieder einführen und die Mindestfreiheitsstrafe für

die Vorbereitung terroristischer Anschläge anheben. Wir begrüßen die Gesetzesinitiative der Bundesregierung, wonach bei einer Verurteilung wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung oder wegen Terrorfinanzierung im Rahmen der Führungsaufsicht das Tragen einer elektronischen Fußfessel angeordnet werden kann.

Um das Strafrecht als schärfstem Schwert gegen islamistischen Terrorismus effektiv durchsetzen zu können, wollen wir die Bundesanwaltschaft und die Generalstaatsanwaltschaften der Länder personell aufstocken. Den Aufruf des Generalbundesanwalts an die Länder, mehr Staatsanwälte und Richter an die Bundesanwaltschaft abzuordnen, nehmen wir sehr ernst. Wegen Personalknappheit reicht der Generalbundesanwalt seit einiger Zeit viele Verfahren an die Generalstaatsanwaltschaften weiter. Es rüttelt an den Grundfesten des Rechtsstaates, wenn das Recht nicht effektiv durchgesetzt werden kann. Unser Zeichen an Gefährder und andere – auch potentielle – Straftäter muss sein, dass wir Verstöße gegen Strafgesetze konsequent verfolgen.

Im Bereich der Terrorismusbekämpfung gewinnt auch eine effiziente Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten an überragender Bedeutung. Wir streben eine Einbe- ziehung von Drittstaatsangehörigen in das Europäische Strafregisterinformationssystem (ECRIS) an. Damit soll es den Ermittlungsbehörden in den EU-Mitgliedstaaten künftig möglich sein, per Knopfdruck auf die Strafregistereinträge von Nicht-EU-Bürgern in anderen Mitgliedstaaten zuzugreifen. Nach unserer Vorstellung sollen Strafregisterauskünfte zukünftig auch nicht mehr nach dem Namen des Beschuldigten, sondern auf Grundlage des Fingerabdrucks abgerufen werden können. Dies verhindert, dass Terroristen und andere Straftäter Vorverurteilungen im Inland wie auch in anderen EU-Mitgliedsstaaten durch mehrere Identitäten verschleiern können.

3. Wahrung des OrdrePublic – keine Toleranz für Paralleljustiz

Wir bekennen uns zur Religionsfreiheit als einem elementaren Menschenrecht. Als Christen wissen wir aus eigener Erfahrung, dass die Ausübung einer Religion ein den Menschen prägendes und bestimmendes Bedürfnis sein kann. In unserem säkularisierten, freiheitlichen Verfassungsstaat hat jedoch der Staat die Letztentscheidungskompetenz darüber, ob und in welchem Umfang religiös begründetes Recht Geltung beanspruchen kann. Die allgemeine Geltung, Durchsetzung und Anerkennung unseres Rechts ist wiederum auch die entscheidende Voraussetzung, um das Entstehen von Parallelgesellschaften zu verhindern und bestehende Parallelstrukturen zu beseitigen.

In manchen Ländern wurde die Scharia als staatliches Recht eingeführt. In der Folge müssen deutsche Gerichte bei Fällen mit Auslandsbezug nach den Regelungen des internationalen Privatrechts auch Regelungen der Scharia anwenden. Bei jeder Anwendung ausländischen Rechts müssen deutsche Gerichte jedoch sorgsam prüfen, ob der „Ordre Public“ gewahrt ist. Die grundlegenden Wertentscheidungen des Grundgesetzes, die Menschenwürdegarantie, deren Ausfluss letztlich die übrigen Grundrechte sind, sowie die Prinzipien des demokratischen und sozialen Rechts- und Bundesstaats dürfen nicht verletzt werden.

Dem „Ordre Public“ nicht verpflichtet sind jedoch muslimische „Friedensrichter“ und sog. „Scharia-Schiedsgerichte“. Gerade im durch die Scharia ausgelegten Familienrecht werden patriarchalische Strukturen hergestellt oder verfestigt. Frauen wird regelmäßig deutlich gemacht, dass sie sich unterzuordnen und eine von Männern in ihrem Umfeld vorgegebene Rolle zu erfüllen haben. Oftmals wird eine Partei, vornehmlich die weibliche, zur „Schlichtung” genötigt. Mit der grundrechtlich verbürgten Gleichheit von Mann und Frau und der Selbstbestimmungsfreiheit des Menschen hat dies wenig zu tun. Daher akzeptieren wir solche religiösen Sondergerichte außerhalb unserer Rechtsordnung nicht. Wir werden unseren Rechtsstaat auch in diesem Bereich durchsetzen.

Wir treten dafür ein, das Phänomen der „Paralleljustiz” in Deutschland wissenschaftlich zu untersuchen und das Dunkelfeld aufzuklären. Wir wollen wissen, was Migrantengruppen vom Gang zu den deutschen Gerichten abhält. So kann eine Frage sein, ob die Akzeptanz staatlicher Rechtsprechung und Strafverfolgung durch den stärkeren Einsatz von Richtern und Staatsanwälten mit Migrationshintergrund erhöht werden kann. Darüber hinaus müssen Polizei, Verfassungsschutz und Justiz entsprechend informiert und sensibilisiert werden. Polizeibeamte, Staatsanwälte und Richter kennen die Kultur der Migranten oftmals nicht und sprechen auch nicht deren Sprache. Daher können sie häufig nur schwer erkennen, ob gezielt versucht wird, den Geltungsanspruch unseres Rechtsstaates zu unterlaufen.

Die im Zusammenhang mit Parallelstrukturen auftretenden sog. „Imamehen“, bei denen neben einer standesamtlichen Ehe mit einem Mann durch islamische Geistliche weitere „Ehen“ mit anderen Frauen geschlossen werden, lehnen wir entschieden ab. In diesem Zusammenhang streben wir eine Reform des Personenstandsgesetzes (Wiedereinführung des standesamtlichen Vorverheiratungsgebots) zur Stärkung der Rechte von Frauen und zum Schutz vor Zwangsehen an.

4. Keine Anerkennung von Kinderehen

In anderen Kulturkreisen dieser Welt ist es rechtlich, sozial und religiös anerkannt, dass Eltern für ihre Kinder auf Partnersuche gehen und Ehen schon in frühen Jahren arrangieren. Nicht so bei uns in Deutschland. Minderjährige gehören nicht in eine Ehe, sondern in Schule und Ausbildung. Sie müssen die Möglichkeit haben, ihre Persönlichkeit zu entfalten und sich auf das Berufsleben vorzubereiten. Das Kindeswohl und die Gleichbehandlung von Mann und Frau haben Vorrang. Junge Frauen müssen selbst entscheiden können, ob und wann sie eine Ehe mit all ihren Rechten aber auch Verpflichtungen eingehen wollen.

Deshalb begrüßen wir die Einigung der Regierungsfraktionen im Bundestag zur ausnahmslosen Nichtigkeit von Kinderehen unter Beteiligung eines Partners, der bei der Eheschließung jünger als 16 Jahre alt war. Dies soll auch für bereits im Ausland eingegangene Ehen gelten. Darüber hinaus ist die Altersgrenze für die Ehemündigkeit allgemein auf 18 Jahre anzuheben. War der minderjährige Partner zum Zeitpunkt der Heirat zwischen 16 und 18 Jahre alt, sind solche Ehen in der Regel aufzuheben, es sei denn, dies würde eine „schwere Härte für den minderjährigen Ehegatten“ darstellen. So kann etwa bei einer krankheitsbedingten Suizidabsicht des Minderjährigen von der Aufhebung der Ehe abgesehen werden. So können Zwangsehen wirksam verhindert werden.

Dabei wollen wir Maß halten: Wenn die Ehe aufgehoben wurde, können die Ehepartner nach Erreichen der Volljährigkeit einige Monate später wieder heiraten, wenn sie wollen. Zugleich soll die Aufhebung der Ehe keine aufenthaltsrechtlichen Nachteile für den minderjährigen Partner mit sich bringen. Bekommt der volljährige Ehemann als politisch Verfolgter Asyl in Deutschland, so kann die 17-jährige Partnerin weiterhin Familienasyl erhalten. Wir fordern die Sicherstellung, dass missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen mit dem Ziel, aufenthaltsrechtliche Verbesserungen zu erreichen, verhindert werden.

5. Vollverschleierung behindert die Integration

Zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben in unserem Land gehören auch die offene und gleichberechtigte Begegnung und der wechselseitige Austausch. Dies ist jedoch nur möglich, wenn alle Seiten bereit sind, von Angesicht zu Angesicht miteinander zu kommunizieren. Diese Offenheit vermissen wir bei öffentlich getragenen Vollverschleierungen. Wer eine solche trägt, dokumentiert damit seine fehlende Bereitschaft oder Möglichkeit, Teil unserer freien und offenen Gesellschaft werden zu wollen oder zu dürfen. Die Vollverschleierung in der Öffentlichkeit lehnen wir deshalb ab.

Eine Vollverschleierung verhindert nicht nur erforderliche Kommunikationsprozesse, sie beeinträchtigt vielmehr auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt und widerspricht dem gesellschaftlichen Konsens. Sie ist darüber hinaus ein Symbol gegen die Gleichberechtigung und Würde der Frau.

Wir sind der Überzeugung, dass es in bestimmten Bereichen für das Funktionieren der Rechtsordnung unverzichtbar ist, das gesellschaftliche Gebot, Gesicht zu zeigen, auch rechtlich einzufordern. Der Staat ist zu weltanschaulich-religiöser Neutralität verpflichtet. Dies gilt insbesondere im öffentlichen Dienst und im Schul- und Hochschulbereich, jedenfalls bei einer konkreten Gefahr für den Rechtsfrieden. Darüber hinaus muss im Rahmen von Gerichtsverhandlungen das Gesicht der Verfahrensbeteiligten zur Gewährleistung eines rechtsstaatlichen Verfahrens vollständig sichtbar und erkennbar sein. Andernfalls wird die gerichtliche Wahrheitsfindung unzumutbar erschwert. Weiter muss dort, wo eine Identifizierung notwendig und geboten ist, das Zeigen des Gesichts im Bedarfsfall auch durchgesetzt werden können. So ist eine verlässliche Identifizierung anhand von Ausweispapieren nur durch Abgleich des Gesichts mit dem Lichtbild möglich. Eine Vollverschleierung ist überdies in solchen Situation nicht hinnehmbar, in denen sie zu einer Gefahr für andere wird. Dies gilt insbesondere im Straßenverkehr. Die Einhaltung einer freien Sicht und eines unbeeinträchtigten Gehörs gehören zu den Pflichten des Fahrzeugführers, um Gefahren für den Straßenverkehr zu vermeiden.

Wir begrüßen daher eine Gesetzesinitiative der Bundesregierung, wonach Beamten und Soldaten bei Ausübung ihres Dienstes oder bei Tätigkeiten mit unmittelbarem Dienstbezug untersagt werden soll, das Gesicht durch Kleidung o. ä. zu verhüllen. Es erscheint uns maßvoll, Ausnahmen zu gesundheitlichen (z. B. Infektionsschutz) oder dienstlichen Zwecken (z. B. Eigenschutz) zuzulassen.

Wir sprechen uns dafür aus, im Grundgesetz eine neue Gesetzgebungskompetenz zur Regelung von Fragen der Integration zu schaffen, die den Erlass von bereichsspezifischen Vollverschleierungsverboten auf Bundesebene ermöglicht. Für unser Zusammenleben kann es keinen Unterschied machen, ob jemand sich in Mannheim oder Ludwigshafen, in Berlin oder Potsdam aufhält. Wir wollen, dass alle Menschen in Behörden, vor Gericht, bei Versammlungen und im Straßenverkehr in Deutschland ihr Gesicht zeigen müssen.

6. Strikte Neutralität der Justiz wahren

Wir sind davon überzeugt, dass religiös, weltanschaulich oder politisch geprägte Symbole und Kleidungsstücke, wie etwa islamische Kopftücher, auf der gesamten Richterbank und bei den Vertretern der Anklagebehörde nichts verloren haben. Dabei ist es gleichgültig, welche Religion, Weltanschauung oder politische Auffassung Motivation für das Tragen des entsprechenden Symbols oder Kleidungsstückes ist. Ein solches Verbot ist notwendig: Die Justiz bildet einen der Kernbereiche des Staates. Aus dem Rechtsstaatsprinzip ergeben sich für Gerichte und Staatsanwaltschaften besondere Anforderungen an eine neutrale, objektive und unparteiliche Amtsführung. Das Vertrauen der Beteiligten und der Öffentlichkeit in die Neutralität darf durch das äußere Auftreten nicht beeinträchtigt werden.

Hierbei kann nicht zwischen Berufsrichtern einerseits und Schöffen bzw. ehrenamtlichen Richtern andererseits differenziert werden. Denn ehrenamtliche Richter haben das gleiche Stimmrecht wie Berufsrichter und bilden zusammen einen einheitlichen Spruchkörper.

7. SprachbarrierenimJustizvollzugabbauen

Die Anzahl ausländischer und staatenloser Gefangener in den Justizvollzugsanstalten in Deutschland hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Dies liegt nicht etwa an einer erhöhten Neigung dieser Gruppe zu schwereren Straftaten, sondern hängt mit der Globalisierung und der damit einhergehenden stärkeren Internationalisierung auch der Kriminalität und dem Umstand zusammen, dass bei dieser Personengruppe häufiger Haftgründe bestehen.

Vor allem die Gefangenen aus dem arabischen Sprachraum, die häufig durch Erlebnisse vor oder während ihrer Flucht traumatisiert sind, stellen den Justizvollzug vor erhebliche Herausforderungen. Dreh- und Angelpunkt der im Vollzugsalltag auftretenden Schwierigkeiten sind häufig die mangelnden Sprachkenntnisse der ausländischen Gefangenen. Aufgrund der daraus resultierenden Verständigungsschwierigkeiten ist insbesondere in der kritischen Anfangsphase der Inhaftierung eine verlässliche Einschätzung der Persönlichkeit und der psychischen Verfassung der jeweiligen Gefangenen häufig nur sehr schwer möglich. Dies führt nicht selten zur Verunsicherung sowohl der Gefangenen als auch der Bediensteten, zu Missverständnissen, sowie zu konfliktreichen Situationen im Vollzugsalltag und birgt auch die Gefahr des Erstarkens der Subkultur in den Justizvollzugsanstalten.

Deshalb sprechen wir uns dafür aus, die generelle Fremdsprachenkompetenz der Bediensteten im Justizvollzug zu verbessern. Auf Grund der Komplexität des Neuerwerbs einer Fremdsprache sollte das Augenmerk hierbei nicht in erster Linie auf Sprachen wie z. B. Arabisch gerichtet sein, sondern eine Förderung der englischen und der französischen Sprache vorgesehen werden, da auch bei einem Teil der nicht-deutschen Gefangenen hier eine Verständigungsmöglichkeit besteht. Wir fordern den verstärkten Einsatz von digitalen Dolmetscherleistungen.