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Rede anlässlich des Entschließungsantrags der Fraktion der CDU, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Digitales Hessen – Wo Zukunft zuhause ist“ – Digitalisierung und Zukunftsfestigkeit des ländlichen Raumes vorantreiben und stärken

– Drucks. 20/6058 –

Präsident Boris Rhein:

Insoweit darf ich den Kollegen Hartmut Honka für die Fraktion der CDU bitten. Sie haben das Wort, Herr Kollege Honka.

Hartmut Honka (CDU):

Hochverehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einem Zitat beginnen: „This Changed Everything“. – Diese Worte hat seinerzeit Sir Tim Berners-Lee gesprochen, als er 1989 den Quellcode für das Internet erfunden hat, wie wir es heute kennen – damals bahnbrechend, heute quasi Realität in jeder Hosentasche auf dem Smartphone.

Warum ich dieses Zitat gebracht habe, ist ganz einfach: In der vergangenen Woche endete eine Auktion bei Sotheby’s, bei der ein NFT versteigert wurde mit genau diesem Quellcode. Sagenumwobene 5,4 Millionen US-Dollar hat ein unbekannter Bieter dafür geboten – für etwas, was quasi jeder von uns heute dabeihat, was ein Alltagsgegenstand ist, was ein Stück weit die Welt neu erfunden hat. Inwiefern das einschneidend für jeden Einzelnen von uns ist, mag jeder für sich selbst beurteilen. Ob das 5,4 Millionen US-Dollar wert ist, muss auch jeder selbst wissen. Aber so ist das bei Auktionen manchmal.

„This Changed Everything“ war 1989. Gleichzeitig verändert die Digitalisierung an jedem Tag unsere Welt. Insofern muss sich auch eine Digitalpolitik immer wieder an diese veränderte Realität anpassen. Daher ist es nur folgerichtig, dass unsere Landesregierung nun eine Fortschreibung ihrer Digitalpolitik vorgenommen hat. Es ist deshalb eine Fortschreibung, weil die erste aus dem Jahr 2016 stammte. Nun haben wir mit der Strategie „Digitales Hessen – Wo Zukunft zuhause ist“, eine Fortschreibung für das Jahr 2030 auf dem Tisch.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Digitalisierung findet – und das wissen wir, die wir hier sitzen, doch alle – in fast jedem gesellschaftlichen Bereich statt. Wenn man wirklich alle Bereiche intensiv durchgehen und abhandeln würde, würde das sehr lange dauern – vermutlich länger als ein Plenartag.

Aber man kann das einmal auf den allerersten Bereich herunterbrechen, und das ist das Thema Infrastruktur. Denn ohne digitale Infrastruktur ist vieles andere, von dem wir reden, am Ende nichts. Daher ist das Thema Infrastruktur auch bei uns in der neuen Digitalstrategie weiterhin auf Top 1 der Prioritätenliste der Aufgaben, denen sich unsere Landesregierung in all ihren Geschäftsbereichen verpflichtet fühlt.

Digitalisierung ist für uns nicht nur eine Aufgabe für die Nerds und den Ballungsraum, sondern ganz besonders auch für den ländlichen Raum; denn am Ende sind uns alle Menschen in Hessen gleich viel wert, egal ob sie hier in der schönen Landeshauptstadt Wiesbaden oder in der schönen Rhön wohnen. Am Ende benötigen alle Menschen ein schnelles Internet, und dafür wollen wir sorgen.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ganz wichtig im Bereich der Infrastruktur, die wir als Staat schaffen, sind unsere Schulen. Ich kann es nur wiederholen: Es ist egal, ob sich eine Schule hier in Wiesbaden oder in der schönen Rhön, um sie noch einmal zu nennen, befindet: Alle Eltern in Hessen sollen und können die Gewissheit haben, dass uns alle Schulen gleich viel wert sind, dass wir alle diese Schulen gleich schnell an das Gigabit-Netz anbinden wollen.

(Nancy Faeser (SPD): Sollen!)

– Wir sind da im Werden, das wissen Sie. Es ist in keinem anderen Bundesland so, dass alle Schulen bereits angeschlossen sind. Das kann ich Ihnen gern einmal zeigen. Daher sind wir auf einem sehr guten und konsequenten Weg.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In dieser Wahlperiode stehen im Bereich der digitalen Infrastruktur insgesamt 270 Millionen € für den Gigabit-Ausbau zur Verfügung. Gerade in der vergangenen Woche sind 660.000 € davon in den Odenwaldkreis gegangen. Zu den 660.000 € an Landesmitteln kommen 800.000 € Bundesmittel und noch einmal 170.000 €, die der Landkreis selbst in die Hand nimmt, hinzu, um die 34 Schulen im Landkreis Odenwald mit Glasfaser an das Gigabit-Netz anzubinden. – Meine Damen und Herren, das ist gelebte Digitalisierungspolitik.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genauso wichtig wie das Glasfasernetz ist aber heutzutage selbstverständlich auch der Mobilfunk. Wir haben es schon das eine oder andere Mal hier diskutiert: Ich glaube, uns allen geht der marktgetriebene Ausbau nicht schnell genug. Aber es gibt den einen oder anderen hier im Hause, der der Meinung ist, wir müssten da noch mehr mit Steuergeld unterstützen. Da können wir nur sagen: Wir stellen gerne unsere 50 Millionen € Steuergeld von Landesseite zur Verfügung, um die weißen Flecken dort zu schließen, wo der marktgetriebene Ausbau nicht funktioniert. Das ist leider im ländlichen Raum manchmal der Fall. Wir haben seit einiger Zeit endlich das grüne Licht der EU-Kommission, und daher können wir die weißen Flecken im ländlichen Raum schließen. Das ist sinnvoll und gut für die Menschen in diesen Regionen.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein zweiter, ganz wesentlicher Faktor ist die Digitalisierung unserer Verwaltung, zu der ich nun kommen möchte. Die Verwaltung in Deutschland gilt häufig als sehr detailverliebt. Ich glaube, der eine oder andere von uns hat auch schon seine Erfahrungen damit gemacht, wie detailverliebt Anträge und Verfahrensvorgänge in Deutschland sind.

Das Onlinezugangsgesetz, das alle staatlichen Ebenen verpflichtet, ihre Leistungen anzubieten, ist vielleicht eine Antriebsfeder, dort das eine oder andere im Zusammenhang mit der Detailverliebtheit in die Waagschale zu werfen. Wir haben dort mit civento ein Angebot für unsere Kommunen geschaffen, das wir seit dem Jahr 2020 bezahlen und das auf etwas setzt, was in der sogenannten Digitalwirtschaft gang und gäbe ist, nämlich eine Plattformtechnologie. Das bedeutet, wenn ein Vorgang dort einmal digitalisiert ist, steht er automatisch allen anderen Partnern bei ekom21 zur Verfügung. Es sind fast alle hessischen Kommunen an ekom21 angeschlossen und beteiligt. Das bedeutet, wenn eine Kommune einmal einen Vorgang digitalisiert, können die anderen darauf zugreifen. Das ist zukunftsweisend. Nicht jeder muss alles komplett neu von vorne erfinden. Das ist gelebte Digitalisierung, die uns an dieser Stelle nach vorne bringt.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass uns digitale Verwaltung besonders wichtig ist, bringen wir auch dadurch zum Ausdruck, dass es innerhalb der Digitalstrategie einen eigenen Abschnitt dazu gibt. Es gibt die digitale Verwaltung Hessen 4.0, die die gesamte Landesverwaltung umfasst, um dort die Zukunft Einzug halten zu lassen, sofern dies noch nicht geschehen ist.

Wir haben dort schon manches erreicht. Unter verwaltungsportal.hessen.de kann man sich heute schon davon überzeugen, welche Leistungen digital zur Verfügung stehen. Nichts ist aber so gut, als dass es nicht noch viel besser werden kann. Bei knapp 600 Verwaltungsleistungen, die in Deutschland für die Bürgerin und den Bürger angeboten werden, ist sicherlich noch die eine oder andere dabei, die auf ihre Umsetzung wartet.

Wir denken aber nicht nur an die Bürgerinnen und Bürger, die dann nicht mehr ins Rathaus oder ins Kreishaus müssen, sondern bequem von zu Hause aus ihren Behördengang erledigen können – „Behördengang“ ist da schon relativ –, sondern wir denken natürlich auch an unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Insofern haben wir einen eGov-Campus eingerichtet, damit wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ideal und gut gerüstet auf dem Weg in die digitale Zukunft mitnehmen, damit sie auch kompetent mit der Technik, die wir zur Verfügung stellen, umgehen können. Ich glaube, es ist genauso wichtig, dass wir an das Personal denken, an die Menschen, die für uns als Staat arbeiten. Sie sollen auch eine gute Arbeitsumgebung haben.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir an neue Technologien denken, denken wir häufig auch an Techniken wie die Chatbots. Warum nicht? Das ist doch ein Teil der Zukunft, die wir heute schon real erleben. Chatbots können auch bei uns in der Verwaltung Einzug halten, und sie werden Einzug halten,

(Torsten Felstehausen (DIE LINKE): Oder im Plenum!)

um die Masse der vermeintlich einfachen Bürgeranfragen beantworten zu können, damit sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um die wirklich komplexen Aufgaben kümmern können.

Sie wissen, dass wir den Wissenstransfer sehr schätzen. Wir haben hier schon über unser Distr@l-Programm gesprochen. Dort haben wir eine neue Linie aufgebaut, nämlich die Linie 2C „Digitale Pioniere“, weil wir einen Wissenstransfer erreichen wollen aus der Wissenschaft in die Unternehmen, insbesondere in die Unternehmen im ländlichen Raum, weil wir glauben, dass die Menschen vor Ort am besten wissen, wie sie die Herausforderungen, vor denen sie stehen, gemeinsam lösen. Wir sichern den Wissenstransfer, und dann kommen wir auch zu den besten Lösungen vor Ort.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hierzu haben wir in Hessen verschiedene Bausteine eingerichtet. Einer ist z. B. das House of Digital Transformation, das bislang „nur“ in Darmstadt beheimatet ist. Es wird einen zweiten Standort in Kassel geben, um dort oben einen zweiten Schwerpunkt zu setzen, und zwar in einer anderen Region un- seres Landes, die anders strukturiert ist, um dort die Player, die am Markt sind, d. h. die Verwaltung, die Universitäten, die Unternehmen, die Bürgerinnen und Bürger und die Start-ups in der Region, mit- zunehmen und zu vernetzen. Das halten wir für den richtigen Weg.

Meine Damen und Herren, ich sehe auf die Uhr. Der Präsident wird mich gleich darauf hinweisen, dass die Redezeit abgelaufen ist. Deswegen erspare ich mir den Blick auf die Gesundheit, die uns ebenso wichtig ist wie die Bildung. Schade drum. Vielleicht kann der Kollege Leveringhaus das gleich noch aufgreifen, der ebenfalls für die Regierungsfraktionen sprechen wird.

Meine Damen und Herren, ich glaube, wenn wir Digitalisierung in unserer Gesellschaft ernsthaft betrachten, dann ist Digitalisierung viel mehr als nur Technik. Digitalisierung ist am Ende auch eine kulturelle Frage. Sehr häufig sind gesellschaftspolitische Fragen auch mit den entsprechenden Veränderungen verbunden. Daher müssen wir als Politik und als Gesellschaft insgesamt entsprechend vielfältige und tiefschürfende Antworten geben.

Ich habe mit einem Zitat begonnen und möchte mit einem Zitat enden, dieses Mal aber nicht von einem Techniker. Vielmehr habe ich ein Zitat von Friedrich Dürrenmatt herausgesucht:

Die Welt ist so, wie der Mensch sie macht.

Lassen Sie uns heute Hessen gemeinsam gestalten, analog und digital, in der Stadt und auf dem Land. – Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Rede anlässlich des achtundvierzigsten Tätigkeitsberichts zum Datenschutz und zweiten Bericht zur Informationsfreiheit des Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit am 9. Dezember 2020 im Hessischen Landtag

Präsident Boris Rhein:

Vielen Dank, Herr Professor Ronellenfitsch für den Bericht. – Ich darf jetzt die Aussprache eröffnen und als erstem Redner Hartmut Honka, CDU-Fraktion, das Wort erteilen. Wir haben vereinbart, dass die Fraktionen fünf Minuten Redezeit haben.

Hartmut Honka (CDU):

Hochverehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Prof. Ronellenfitsch, gestatten Sie mir, dass ich mit Ihnen anfange. Sie haben es eben selbst gesagt, Sie verlassen leider zum Ende des Monats Februar Ihr Amt. Ich kann es gut verstehen, dass Sie aus Altersgründen aufhören, wie Sie uns mitteilen. Aber ich glaube, Sie haben es sowohl an der Aufmerksamkeit als auch am Applaus gemerkt: Sie sind in diesem Haus sehr geschätzt, nicht nur das, was Sie sagen, sondern auch, wie Sie es sagen.

All die Jahre – das darf ich persönlich sagen –, die wir zusammen im Unterausschuss Datenschutz oder jetzt im Ausschuss für Digitales und Datenschutz verbracht haben, und das Gespräch miteinander, die Diskussion über das Thema, habe ich immer sehr geschätzt. Ich glaube, das ist das, was viele aus diesem Ausschuss so empfinden. Das ist das Wichtige: das Miteinander über die Sache.

(Beifall)

Nachdem ich schon einige Jahre das Thema für meine Fraktion begleiten darf und ich nicht nur den Bericht für 2019 lese, sondern mir auch andere Berichtszeiträume davor anschaue, wie häufig wir viele Probleme darin finden, die aus Privatunternehmen stammen, darf ich jetzt auch sagen: Es gibt Datenverstöße oder Datenabfluss in ganz großem Umfang aus Privatunternehmen, was in der Öffentlichkeit einmal mehr und einmal weniger Beachtung findet, leider häufig weniger. Das könnten wir aber alles selbst mit beeinflussen, wenn wir uns selbst mehr bewusst wären – alle, nicht nur wir hier im Saal, sondern alle in unserem Land, die wir jeden Tag Daten erzeugen –, wie wir mit unseren Daten umgehen.

Da ist nicht nur die Frage, warum die Landesregierung bei vielen Ihrer Anmerkungen Zustimmung signalisieren kann. Ich glaube auch, gerade in einem demokratischen Rechtsstaat ist der Datenschutz im Bereich des Staates ein sehr elementares, aber auch sehr hochgeschätztes Gut. Wir alle machen uns hier, wenn wir nicht nur über den Datenschutz, sondern auch über Gesetze sprechen, Gedanken über den Datenschutz im Bereich des Staates, im Bereich der staatlichen Datenverarbeitung, egal um welches Ressort es geht.

Das ist, wenn wir dann über den privaten Datenschutz reden, leider häufig nicht der Fall. Das findet mehr außerhalb der Öffentlichkeit statt. Dort ist Ihre Kontrollfunktion dann eher noch wichtiger, weil dort ganz viel gerade bei den großen amerikanischen Datenunternehmen zusammenfließt, wo aus jedem kleinen Häppchen vielleicht erst einmal nichts wird. Aber wenn man alle die kleinen Häppchen nebeneinanderlegt, wird ein riesiges Buffet daraus: das berühmt-berüchtigte Bild des gläsernen Bürgers, der bei vielen datenintensiven Unternehmen Realität ist. Viele fürchten sich davor, dass es bei unserem Staat auch so sein könnte. Aber ich glaube, wir müssen eindeutig sagen, dass der Fokus auch in der Öffentlichkeit mehr auf den Privatunternehmen liegen muss.

Wenn ich das so sage, fällt mir immer wieder ein Beispiel ein, das auch in diesem Bericht wieder enthalten war: Datenschutz im Gesundheitswesen, dass immer wieder einmal Kartons mit Patientenakten vergessen werden. Heute im Jahre 2020 glauben wir alle, dass es das nicht mehr geben darf. Trotzdem passieren solche Dinge immer noch.

Da ist es gut, dass wir mit Ihnen bisher einen Vertreter an der Spitze der Behörde hatten, der erst einmal auf die Aufklärung setzt und erst im zweiten Schritt auf die Bestrafung. Ich glaube, Aufklärung und das Schaffen von Bewusstsein, wie man sicher mit Daten umgeht, sind wichtig. Denn wir alle wollen mit Daten umgehen. Wir alle müssen mit Daten umgehen, und wir sind in einer digitalen Welt auch darauf angewiesen, dass wir mit Daten arbeiten können. Da ist das Schaffen von Bewusstsein für den sicheren Umgang wichtiger, als hinterher zu sagen, was man nicht gedurft hätte. Es ist besser, vorher die Möglichkeit zu eröffnen, dass man sicher und elementar damit umgehen kann. Das ist das Wichtige.

Gestatten Sie mir zum Ende meiner Redezeit, noch einem Ausdruck zu verleihen: Wir alle hätten die- ses Jahr gerne 50 Jahre Datenschutz in Hessen gefeiert. Hessen war vor 50 Jahren ein Vorreiter. Dass wir das dieses Jahr nicht tun konnten, ist sehr bedauerlich; denn solche Feiertage schaffen immer wieder Bewusstsein. Wir sehen das bei staatlichen Feiertagen. Insofern hätte es uns gut angestanden. Ich bedauere es wirklich sehr, dass wir es nicht haben feiern können. Schließlich stellen wir alle fest: Datenschutz wird nicht nur vor Ort geprägt, er wird gerade von oben herab geprägt. Damit meine ich eher Brüssel.

Sie haben die Datenschutz-Grundverordnung angesprochen, die für Sie und Ihre Behörde eine ganz andere Arbeitsweise bedeutet hat, an einzelnen Stellen auch viel mehr Aufwand bedeutet hat. Für uns als Landesgesetzgeber und für die Landesregierung ergibt sich die Pflicht, sich viel stärker in Brüssel einzumischen, wenn dort die neuen Regeln ausgedacht werden. Ich erwähne nur die ePrivacy-Verordnung, die uns leider fehlt, die wann auch immer das Licht der Welt erblicken wird. Denn am Ende müssen unsere Behörden und unsere Unternehmen hier im Land damit leben. Wir müssen damit handeln können. Daher müssen wir das für die Zukunft auch stark im Fokus halten und müssen dort aktiv einschreiten; denn ansonsten wäre es leider zu spät und für uns nur noch ein Reagieren und kein Han- deln am Anfang.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, Herr Prof. Ronellenfitsch, alles Gute für die Zukunft, vor allem gesundheitlich, auf dass wir in einer Zeit ohne Maske das Jubiläum nachfeiern können, dann mit Ih- nen als dem ehemaligen Datenschutzbeauftragten, mit dem wir gerne zusammengearbeitet haben. – Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Torsten Felstehausen (DIE LINKE))

Rede zum Siebenundvierzigsten Tätigkeitsbericht zum Datenschutz und Ersten Bericht zur Informationsfreiheit am 19.2.2020

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Kollege Lichert. – Das Wort hat der Abg. Hartmut Honka, CDU-Fraktion.

Hartmut Honka (CDU):

Hochverehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst: Herr Prof. Ronellenfitsch, auch für meine Fraktion möchte ich Ihnen und all Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Arbeit danken, die Sie – wir sprechen über den Berichtszeitraum 2018, aber auch über das vergangene Jahr – für den Datenschutz, für die Informationsfreiheit und für das gelebte Miteinander in unserem Land geleistet haben.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vereinzelt SPD und Freie Demokraten)

Ich verwende die Formulierung „das gelebte Miteinander“ ganz bewusst; denn ich darf Ihre Arbeit seit einigen Jahren hier im Landtag begleiten. Ich sehe Sie als Person in Ihrer Funktion: dass Sie genau dafür sorgen wollen, dass Datenschutz nicht etwas Verschrienes ist, wovon sich der eine oder andere abwendet, sondern dass es genau wahrgenommen wird, dass die Regierung ihrer Verantwortung gerecht wird und dass sich der Landtag seiner Verantwortung in der Gesetzgebung bewusst ist. Es geht aber auch um die Unternehmen, die in unserem Land tätig sind, und darum, dass man gemeinsam an diesem Thema arbeitet, weil Datenschutz ein Thema ist – die Frage der informationellen Selbstbestimmung –, das jeden Einzelnen von uns jeden Tag immer wieder angeht.

Sie haben Schlager angesprochen: Ein in Hessen sehr be- kanntes und beliebtes Lied ist „Im Herzen von Europa liegt mein Frankfurt am Main“.

(Nancy Faeser (SPD): Schönes Lied!)

– Vielen Dank, liebe Kollegin Faeser. Deswegen wollte ich es ansprechen. – Ich wollte das Lied um eine Zeile erweitern: Im Herzen Hessens liegt auch der Datenschutz begründet.

Frau Kollegin Gersberg hat es angesprochen: Das Land Hessen darf in diesem Jahr 50 Jahre Datenschutz feiern. Insofern ist es wirklich ein Grund, an der Stelle unseren Kolleginnen und Kollegen dankbar zu sein, die sich bereits vor 50 Jahren um dieses Thema gekümmert haben und als weltweite Pioniere aufgetreten sind, um dieses Feld gesetz- lich zu normieren. Ich glaube, das ist ein gutes Jubiläum. Ich bin sicher, dass Ihre Behörde – mit Ihnen an der Spitze – eine würdige Veranstaltung zu diesem Thema machen wird.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und Freie Demokraten)

Ich glaube, die Landesregierung hat das Thema auch aufgegriffen und bereits in Brüssel mit einer Veranstaltung aufs Tapet gebracht. Das ist auch der richtige Weg.

Meine Damen und Herren, es ist von Kollegen angespro- chen worden: Datenschutz ist nicht nur etwas, was den Staat und unsere Verwaltung angeht. Wenn man sich ein- mal anschaut, was wir im Privatleben jeden Tag an Daten produzieren: Ich traue mich fast, zu sagen, dass, wenn man alle unsere Daten zusammenwirft – von Facebook bis Amazon –, definitiv mehr Wissen über jeden Einzelnen zu- stande kommt als das, worüber der Staat oder vielleicht so- gar der eigene Ehepartner verfügt. Das macht deutlich, vor welcher Herausforderung wir in diesem Bereich stehen. Dessen müssen wir uns jederzeit – auch als einzelne Privatbürger – bewusst sein.

Ich komme noch auf einen Aspekt zu sprechen, der im Bericht angesprochen wurde und der auch jetzt zweimal zur Sprache gekommen ist: die Speicherfristen bei Videoaufzeichnungen. Ja, Herr Prof. Ronellenfitsch, da gibt es unterschiedliche Auffassungen zwischen Ihrer Behörde und der Stellungnahme der Landesregierung, dem Innenministerium. Ich kann beide Sichtweisen sehr gut verstehen. Ich glaube, genau das ist aber der Spagat, vor dem wir als Gesetzgeber immer wieder stehen: Was für eine Speicherfrist ist möglich, nötig und rechtlich zulässig, um sowohl mit den Daten sensibel umzugehen – nicht zu viele zu haben – als auch eine effektive Strafverfolgung zu ermöglichen?

Das ist eine Abwägungsfrage. An der Stelle sind die Praktiker aus den Polizeipräsidien etwas anderer Ansicht als Ihre Behörde. Es ist in einer Demokratie aber auch gut, dass man sich darüber austauschen und in Ruhe abwägen kann, welche Interessen man wie gewichtet.

Damit möchte ich es bewenden lassen. Die Redezeit ist fast um. Ich danke Ihnen vielmals für die Arbeit und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit, insbesondere im Rahmen dieses Jubiläumsjahres, in dem wir ausrufen dür- fen: 50 Jahre Datenschutz in Hessen. – Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt Freie Demokraten)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Kollege Honka. – Das Wort hat Abg. Dr. Jörg-Uwe Hahn, Fraktion der Freien Demokraten. Bitte.

Rede zur Regierungserklärung der Hessischen Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung mit dem Titel „Hessen gestaltet die Zukunft: Digitaler Wandel für und mit den Menschen“ am 10.12.2019

Vizepräsident Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn:

Vielen Dank, Herr Kollege. Wir waren auch hier duldsam und haben Zuschlag gewährt. Wir haben ja heute Zeit, morgen Zeit, übermorgen Zeit. – Herr Kollege Honka, Sie sind schon hier. Vielen herzlichen Dank, dann sind Sie jetzt auch dran.

Hartmut Honka (CDU):

Verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob ich das Weihnachtsgeschenk von vermehrter Redezeit für notwendig halte. – Lieber Herr Kollege Stirböck, Sie haben vorhin die digitale Arbeit der FDP-Fraktion so gelobt. Ich hoffe, dass Sie auch weiterhin arbeitsfähig bleiben werden und es Ihnen nicht eines Tages so geht, dass es heißt: Mit einem Wisch war alles weg. – Ich wünsche Ihnen alles Gute dabei.

Meine Damen und Herren, Frau Ministerin Sinemus hat es durchaus so gesagt: Hessen hat eine Adresse zum Thema Digitalisierung, und das ist gut, und das zeichnet uns auch im Gegensatz zu anderen Bundesländern aus. Das zeichnet uns Hessen auch im Gegensatz zum Bund aus, wo mehrere Minister das Alleinvertretungsrecht beanspruchen. Bei uns haben wir eine Ministerin im gesamten Kabinett, die zusammen mit ihren Fachkolleginnen und -kollegen das Thema in all seinen Facetten wirksam bearbeitet, damit wir es in diesen fünf Jahren nach vorne bringen werden.

(Beifall Armin Schwarz und Ismail Tipi (CDU))

Es betrifft alle Lebensbereiche, und es betrifft auch alle Ressorts. Insofern ist es wichtig und im Gegensatz zu dem, was der eine oder andere hier gesagt hat, auch richtig, dass die Fachministerinnen und Fachminister jeweils in ihrem eigenen Ressortzuschnitt weiterhin Verantwortung tragen.

Wir haben ein neues Ministerium seit dem 18. Januar, also quasi seit elf Monaten. In diesen elf Monaten ist eine ganze Menge passiert; das wollen wir einmal ganz ehrlich feststellen. Es ist vor allem dem Engagement der Ministerin und ihres Teams, das von Anfang an dabei war, zu verdanken, das diesen Geschäftsbetrieb – ich nenne es einmal so – mit aufgebaut hat und gleichzeitig schon von Anfang an mit versucht hat, die Programme, die da waren und umressortiert worden sind, zu übernehmen. Sie haben also schon gearbeitet und zugleich etwas Neues aufgebaut. Das ist nicht ganz einfach, und ich glaube, das ist aller Ehren wert und vor allem auch unseres Dankes an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wert, dass sie das in diesen elf Monaten so erfolgreich geschafft haben.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kommen wir zu dem einen oder anderen Punkt, der in den Reden angesprochen wurde. Das ist das Schöne, wenn man ganz am Ende dran ist: Da sind so viele Punkte aufs Tapet gebracht, das man seinen eigenen Zettel fast gar nicht mehr braucht.

Der Digitalpakt Schule ist angesprochen worden. Der Digitalpakt Schule ist definitiv eines der Zukunftsthemen. Aber ich glaube, wir als Hessen brauchen uns da nicht zu verstecken. Wir haben dort eine Mindestbeteiligung von 10 % vom Bund vorgegeben bekommen, und wir Hessen haben sie auf 25 % aufgestockt. Damit sind wir Spitzenreiter in Deutschland. Da können sich alle anderen Bundesländer hinter uns verstecken.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir lassen auch an der Stelle die Lehrkräfte nicht alleine. Wir haben – das nur einmal als Stichwort, damit sich der eine oder andere daran erinnert – die Servicestelle für verantwortungsvolle Mediennutzung eingerichtet, weil wir genau wissen, dass die Lehrkräfte, die heute schon da sind und die – ich hätte jetzt fast gesagt: aus einer anderen Zeit kommen –

(Michael Boddenberg (CDU): So Leute wie ich!)

aus der Gegenwart kommen und jetzt in diese Zukunft mit hineingehen, dort mitgenommen werden müssen und Unterstützung brauchen. Die bieten wir ihnen, und die wollen wir allen anbieten. Daher sind wir da richtig aufgestellt.

Um auch einmal die eine oder andere Zahl in den Topf zu werfen: Glasfaseranbindung von Schulen – da sind bereits 26,7 Millionen € fix zugesagt. Ich denke, das ist eine Summe, die sich definitiv sehen lassen kann.

Mobilfunkausbau – das ist eines der beliebtesten Themen, die wir immer wieder haben. Ja, es ist für jeden Einzelnen von uns immer wieder ärgerlich, wenn das Funkloch gera- de in dem Moment zuschlägt, wenn man telefonieren möchte.

Ja, es gehört aber auch zur Realität dazu – der eine oder andere hat es bemängelt –, wie der Netzausbau funktio- niert. Mit Verlaub, die Kolleginnen und Kollegen, die das kritisieren: Bitte denken Sie daran, dass diese Rahmenbedingungen und die Aussagen, nach welchen Schemata aus- gebaut werden muss, vom Bund gemacht werden, und zwar über die Bundesnetzagentur. Sie werden hier nicht von der Hessischen Landesregierung alleine beschlossen. Das Thema Haushaltsabdeckung ist vielmehr eine Auflage des Bundes.

Unser Förderprogramm setzt genau an dieser Stelle an, dass wir dort, wo keine Haushaltsabdeckung nachzuweisen ist, wo der Markt es nicht schafft, dann mit Fördermitteln hineingehen und nicht dort, wo es sowieso marktgetrieben funktioniert.

(Beifall CDU und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Um es ganz klar zu sagen: Dort, wo marktgetriebener Ausbau funktioniert, müssen nicht auch noch Steuergelder obendrauf gelegt werden, sondern das muss dort geschehen, wo es nicht funktioniert.

(Beifall CDU – Günter Rudolph (SPD): Das funktio- niert ja riesig! Die Anbieter standen Schlange! – Ge- genruf Michael Boddenberg (CDU))

– Das mag der eine oder andere anders sehen. Aber es ist halt so.

(Zurufe SPD)

– Die Kollegen der SPD merken gerade auf. Das ist schön. Vielleicht erinnert ihr euch an der einen oder anderen Stelle, dass ihr auch noch Teil der Bundesregierung seid.

(Zuruf Günter Rudolph (SPD))

Der Kollege Andi Scheuer, einer der Zuständigen für das Thema Digitalisierung in Berlin, hat einmal ein Papier aufgesetzt, an welchen Stellen man in Berlin Regelungen im Bundesrecht ändern müsste, damit wir beim Netzausbau zügiger vorankommen. Und wer bremst dort aus? – Alle SPD-geführten Kabinettsmitglieder, alle SPD-geführten Ressorts. An der Stelle sollten Sie bitte vielleicht erst einmal zu Hause in der eigenen Partei mitteilen, an welchen Stellen es hakt, und dafür sorgen, dass es dort läuft. Dann können wir auch gerne hier weiter miteinander diskutieren.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Nordhessen-Cluster ist angesprochen worden. Ich möchte da noch einen Schritt weiter gen Süden gehen. Das liegt hier zu uns etwas näher. Die Gigabitregion Frankfurt RheinMain, das Rhein-Main-Gebiet als der Herzmuskel unserer Wirtschaftsregion, steht jetzt auch definitiv auf der Agenda, um dort im Bereich des Glasfasernetzausbaus vor- anzuschreiten. Auch das ist für uns ganz wichtig.

Mobilfunk war ja angesprochen: drei Masten pro Tag werden entweder erneuert oder neu gebaut. Das sind Punkte, die ganz oben auf der Agenda stehen.

Arbeitsplätze, Förderung von Start-ups. Da ist eben angesprochen worden: Distr@l als neues Förderinstrument. Mit Verlaub: Es ist ein neues Förderinstrument, das neben all den anderen Förderinstrumenten steht, die es in anderen Ministerien auch für Start-ups, für Wissenschaftsförderung, für KMU gibt, und noch einmal einen neuen Schwerpunkt setzt für kleine und mittlere Unternehmen bei ihrer digitalen Transformation.

Ja, man kann sagen, 40 Millionen € sind wenig Geld. Ich finde, 40 Millionen € sind eine ganze Menge Geld. Wenn man sich einmal genau anschaut, wie solche Fördersys- teme funktionieren, dann ist doch vollkommen klar: Die Unternehmen überleben nicht, weil sie 40 Millionen € be- kommen oder – wie eben dazu umgerechnet wurde – 32 € pro Unternehmen bekommen, sondern weil das Anschubfinanzierungen sind. Wenn aus so einem Förderprogramm 100.000 € kommen, dann haben die Unternehmen Anspruch und vor allem die Chance, von anderen Venture-Capital-Geldgebern auch Kapital zu bekommen. Darum geht es uns. Wir wollen dort einen Punkt setzen, dass sich dann auch andere daran beteiligen. Das bedeutet dann einen enormen Schub und eine Vervielfachung der 40 Millio- nen €.

Kommen wir einmal zu einem Punkt, der auch damit zusammenhängt. Wir haben jetzt schon viel gehört, was vielleicht der eine oder andere nicht will. Ich glaube, wir müssen uns hier als Gesellschaft – nicht nur als Landtag – ehrlicherweise Gedanken machen über die Frage: An welchen Stellen wollen wir das Feld nicht den amerikanischen Großkonzernen überlassen, sondern eigene Schritte gehen?

(Zuruf DIE LINKE: Hört, hört!)

Das wären z. B. Themen wie die digitale Identität oder auch die Frage von digitalen Währungen. Wir müssen diese Dinge nicht nur als Hessischer Landtag, sondern als Politik insgesamt in Deutschland ernsthaft beantworten, ernsthaft vorantreiben; denn wir – zumindest wir – wollen nicht, dass am Ende Facebook alleine darüber entscheidet, wer wie im Internet heißt oder wer es ist, der vielleicht mit Libra bestimmt, wie die Währung der Zukunft aussieht. Das muss in staatlicher Hand bleiben, so wie es in der analogen Welt der Fall ist. Dazu – das muss ich aber auch gestehen – habe ich von Ihnen, meine Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, hier noch kein Wort gehört.

(Zuruf Oliver Stirböck (Freie Demokraten))

Wenn Sie sagen, wir betrachteten nur die Vergangenheit, dann will ich nur einmal ganz kurz darauf hinweisen: Sie betrachten zum Teil anscheinend nicht die Gegenwart und die Realität.

(Fortgesetzte Zurufe SPD, Freie Demokraten und DIE LINKE)

Kommen wir noch einmal zu der Frage: Die Digitalisierung soll den Menschen nutzen. Ja, das ist ein wesentlicher Baustein für uns und ein wesentlicher Faktor. Das Onlinezugangsgesetz wird an dieser Stelle eine ganz herausgehobene Position in dieser Wahlperiode haben. Beim Onlinezugangsgesetz geht es nicht nur um die Frage eines digitalen Zugangs für Bürger zu den Dienstleistungen, sondern es geht auch um den Anknüpfungspunkt für uns insgesamt in der Bundesrepublik, unsere Verwaltungen noch einmal neu zu betrachten. Es geht auch darum, an der Stelle Pro- zesse noch einmal anzuschauen und zu prüfen: Wie können wir sie neu gestalten? Denn auch wir als Staat haben durchaus die Erfahrung gemacht – das wissen wir, die wir schon ein paar Jahre dabei sind –, dass das Thema Fachkräftemangel auch bei uns in den Verwaltungen zuschlägt. Daher können wir dort durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz, moderner Software und moderner Hardware durchaus Ressourcen schaffen, dass die Standardfälle – d. h. Anträge, vom Bürger direkt eingegeben und mit seinen Daten gestellt – einfach mit dem Computer erledigt werden, damit die Sachbearbeiter, die wir haben, sich um die wirklich schwierigen Fälle, die Problemfälle kümmern können, um dort für den Bürger da zu sein.

Das bedeutet für uns, dass das Land Hessen als Partner der Kommunen auftritt und dass wir das an der Stelle nicht mit Geld, sondern mit einer Sachleistung machen, indem wir eine Software lizenzieren, die wir allen Kommunen zur Verfügung stellen, um auf diesem Weg gemeinsam in die richtige Richtung zu gehen.

Zuletzt möchte ich das Thema „Kompetenzzentrum für verantwortungsbewusste Digitalisierung“ ansprechen. Von Frau Prof. Sinemus ist mehrfach angesprochen worden: Die Digitalisierung muss dem Menschen dienen – nicht umgekehrt.

Das bedeutet in diesem Bereich ganz eindeutig, dass man sich immer wieder die Frage stellen muss: Macht man etwas, nur weil man es kann, oder macht man gewisse technische Entwicklungen, weil sie richtig sind, weil man überlegt hat, welche Konsequenzen sie haben, und weil man sich darüber im Klaren ist, was dort passiert? Wir brauchen dort ein Höchstmaß an gesellschaftlicher Akzeptanz, auch bei der Frage: Welche Entscheidung kann bzw. darf ein Computer oder ein Algorithmus autonom selbst übernehmen und welche nicht?

Diese Fragen müssen wir als Gesellschaft rechtzeitig miteinander klären. Für genau solche Fragen ist dieses Kompetenzzentrum der richtige Ort.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass dieses Kompetenzzentrum bei uns in Hessen einge- richtet wurde, hat einen kleinen Beigeschmack. Wissen- schaft funktioniert nie losgelöst. Wissenschaft funktioniert immer in dem Rahmen, in dem sie aktiv ist, also auch im Austausch mit den Unternehmen im Umfeld einer Universität. Das bedeutet: Dieses Kompetenzzentrum hier in Hessen mit dem Schwerpunkt in Darmstadt ist natürlich auch für den Standort und für die Zukunft des Standortes Hessen wichtig und von Bedeutung; denn dort werden auch die Fachkräfte von morgen ausgebildet. Das schafft Zukunft. Das stärkt unseren Standort Hessen.

An dieser Stelle möchte ich Ihnen ein kleines Zitat aus der Vergangenheit mitgeben. Ich gehe ein paar Jahre weiter in die Vergangenheit. Ich gehe zu Seneca, der im ersten Jahrhundert nach Christus gelebt hat. Von ihm ist das Zitat überliefert:

Nicht weil es schwierig ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwierig.

Viel Vergnügen beim Nachdenken darüber. – Schönen Abend.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Rede zum Sechsundvierzigsten Tätigkeitsbericht des Hessischen Datenschutzbeauftragten; hierzu: Stellungnahme der Landesregierung betreffend den 46. Tätigkeitsbericht des Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (vorher: Hessischer Datenschutzbeauftragter) vom 23. Mai 2019


Präsident Boris Rhein:

Vielen herzlichen Dank, lieber Kollege Hahn. Wir haben mit solcher Ehrfurcht gelauscht, dass wir fast vergessen haben, hier umzuschalten.

Damit kommen wir zum Kollegen Honka, Fraktion der Christdemokraten. Herzlich willkommen und viel Erfolg, fünf Minuten.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ist doch nett!)

Hartmut Honka (CDU):

Hochverehrter Herr Präsident, vielen Dank, dass Sie mich nach zweieinhalb Tagen kurz vor Schluss extra noch einmal begrüßen. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Prof. Ronellenfitsch! Als Erstes möchte ich mich natürlich im Namen meiner Fraktion dem Dank an Sie, Ihr gesamtes Team und Ihre gesamte Behörde für Ihre Arbeit anschließen. Heute reden wir bei Ihrem Bericht über das Jahr 2017.

Ich muss sagen – ich darf heute zum ersten Mal zu dem Thema reden, auch wenn ich schon ein paar Jahre Mitglied im Ausschuss bin –: Sie machen es einem nicht ganz leicht, nicht wegen des Inhaltes, sondern weil Sie jedes Mal mit der Form bzw. dem Rahmen, mit der bzw. mit dem Sie hier auftreten, überraschen. Darauf kann man sich nicht vorbereiten. Das ist Ihr gutes Recht, und es ist immer wieder sehr interessant, zu hören, was eigentlich 2017 im Radio gelaufen ist.

(Heiterkeit Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (Freie Demokraten))

Gut ist: Wir haben ein sehr gutes Miteinander zwischen Ihnen als Datenschutzbeauftragtem, dem Landtag und der Landesregierung, da uns eines eint: ein vernünftiger Umgang, und zwar nicht, weil es uns so viel Spaß macht, sondern weil es am Ende für die Menschen in unserem Land wichtig und richtig ist, was wir dort machen. Deswegen erachte ich dieses gemeinsame Handeln für wichtig. Das ist etwas, was wir uns definitiv bewahren müssen.

Ich will jetzt einen Punkt ansprechen, der zwar nicht direkt in den Berichtszeitraum fällt, nämlich die Datenschutzgrundverordnung. Ihre Einführung fand am 25. Mai letzten Jahres statt. In zwei Tagen ist der zweite Geburtstag. Das hat natürlich manches verändert, könnte man sagen. Wer sich aber mit dem Thema damals intensiv beschäftigt hat, kann wirklich zu dem Punkt kommen, dass sich für uns in Deutschland eigentlich nicht viel verändert hat. Aber das Bewusstsein für viele Punkte hat sich noch einmal geschärft. Ob das auf Dauer so bleibt, mag ich nur hoffen. Wir werden es nicht wissen. Wir werden es selbst sehen, da wir es heute noch nicht wissen.

Man kann fragen: Was ist mit Bildern im Internet? Ich kann mir anschauen, welche Gerüchte letztes Jahr herumgewabert sind, was mit welcher Homepage passieren muss. Das war schon heftig.

Bei dem Thema gibt es Licht und Schatten zugleich. Das Regelwerk ist europaweit einheitlich; das ist Licht. Von den Großunternehmen bis zum kleinsten Verein werden dieselben Maßstäbe angelegt. Gerade die kleinen und ehrenamtlich geführten Vereine hatten im letzten Jahr das Gefühl, dass sie eigentlich gar nicht mehr wissen, wie sie vernünftig über die Runden kommen sollen. Da kann man schon schauen, ob das wirklich so richtig ist. Ich mache ein paar ganz große Fragezeichen dahinter. Aber im Grunde halte ich den Kernregelungsbestand für richtig.

Ich spreche noch kurz einen dritten Punkt an. Eben ist auch schon angeklungen, dass sich Datenschutz weiterentwickelt hat. Eigentlich müssten wir über ein Datenverwendungsrecht oder vielleicht über einen Datenverwendungsschutz reden. In Ihrem 46. Bericht aus dem genannten Berichtsjahr haben Sie wieder die Datensouveränität – dieser Begriff findet sich da – angesprochen. Ich bin sehr gespannt, welche Ergebnisse die Datenethikkommission der Bundesregierung, die im Moment arbeitet, bringen wird und welche Impulse sie geben wird.

Schauen wir uns an, wie es im Zeitalter des Internets ist: Große und oft amerikanische Unternehmen sammeln alles, was sie bekommen können; die Chefs gehen gern in deutsche Medien und erklären, der Datenschutz sei das Wichtigste, und die Privatheit sei zukünftig ganz toll. Gleichzeitig ist das Handeln ein anderes. Das macht natürlich extrem aufmerksam. Das muss man im Blick behalten. Es ist natürlich eine sehr merkwürdige Situation, wann und an welcher Stelle gern mit dem Datenschutz argumentiert wird, warum man was nicht preisgeben muss, wenn man gleichzeitig bei Facebook fast alles bis zur Blutgruppe angibt. Dann darf man sich nicht wundern, wenn das ein anderes Unternehmen wirtschaftlich ausschlachtet.

An der Stelle muss jeder für sich selbst wissen, was er dort tut. Denn man kann niemanden davor schützen, dass, wenn jemand alles Private auf einer solchen Plattform anbietet, dies von den Unternehmen auch genutzt wird. Man kann die Menschen davor warnen. Man kann an sie appellieren, vielleicht kurz zu schauen, bevor sie tippen. Aber sie müssen es dann selbst machen. In diesem Sinne danke ich Ihnen vielmals für die Arbeit und Ihnen, meine Damen und Herren, für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 

Lieber Herr Präsident, ich bin noch in der Zeit geblieben.

Präsident Boris Rhein:

Das ist ein zeitlich sehr gutes Ergebnis.

(Heiterkeit – Hartmut Honka (CDU): Frankfurter und Zahlen!)

– Kollege und Freund Honka weiß, wie das gemeint gewesen ist.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Eben, eben!)

Er weiß, dass das überhaupt keine Kommentierung, sondern lediglich eine sitzungsleitende Bemerkung über das Einhalten der Redezeit ist.